Wie ein Trauma Generationen prägt
Bernadette Conrad stellt auf Einladung des Soroptimist Clubs ihr Buch „Was dich spaltet“ vor
Von Ursula Hoffmann/AZ Coesfeld
Coesfeld. „Leben Eltern ewig?“ Mit diesem mehrdeutigen Satz beginnt Bernadette Conrad ihren Roman „Was dich spaltet“, der sich damit auseinander setzt, wie ein Trauma auch die nachfolgenden Generationen prägt. Was bedeutet es, als sehr junger Mensch im Krieg gewesen zu sein und mit diesem Hintergrund das Leben zu starten? Das ist die Frage, die Conrad lange Jahre beschäftigt hat und der sie in ihrem Roman anhand einer Schwesternbeziehung nachspürt. Sie ist auf Einladung des Soroptimist Clubs zu Gast in der Kolping Bildungsstätte.
Die Soroptimistinnen setzen sich, so Präsidentin Hildegard Morian, für Frauen und Mädchen in Not ein und haben Conrad anlässlich des Weltfrauentags eingeladen. Mit Veranstaltungen wie dieser wollen sie bewegen und Spenden sammeln, um ihre vielfältigen Projekte weiter verfolgen zu können. Bewegend ist diese Lesung sehr, ist das doch ein Thema, das auf die eine oder andere Weise uns alle betrifft.
Die 1963 geborene Autorin, die seit 1995 freiberuflich als Reise- und Literaturjournalistin arbeitet und einige Sachbücher veröffentlicht hat, sitzt nicht allein vor ihrem überwiegend weiblichem Publikum. An ihrer Seite ist die Coesfelder Schriftstellerin Petra Fietzek, die erzählt, eine Freundin habe sie auf einen tollen Artikel in der „Zeit“ über die Literatur-Nobelpreisträgerin Doris Lessing aufmerksam gemacht hat – von einer Bernadette Conrad. Fietzek erinnerte sich an eine Schülerin gleichen Namens, die schon damals durch ihre ausgefeilte Sprache bei ihr Eindruck hinterlassen hat. „Durch den wunderbaren Zufall haben wir uns wiedergetroffen und haben jetzt einen intensiven Kontakt“, freut sie sich. Das merkt man ihnen auch diesem Abend an, kommen Conrad und Fietzek doch zwischen den drei Leseteilen immer wieder in eine intensive Diskussion über Inhalt und Personen des Romans, die dem Publikum die Themen auf besondere Art nahebringen.
Zunächst liest Conrad das erste Kapitel, in dem, „gleichsam wie in einer Ouvertüre“, so Fietzek, die Personen eingeführt werden. Im Zentrum stehen Kati und ihre jüngere Schwester Eva, die beide ihre Kindheit völlig anders erlebt haben, als hätten sie ganz andere Eltern gehabt. Kati beschäftigt die Vergangenheit des durch Krieg und Flucht aus Danzig traumatisierten Vaters, den sie täglich gegen die innere Schwere ankämpfen sah und zu dem sie ein sehr schwieriges Verhältnis hatte. Eva nimmt das Leben viel leichter, findet, es sei genug über den Krieg geschrieben worden. So bahnt sich ein tiefgehender Konflikt zwischen den Schwestern an. Conrad findet eindringliche Worte, philosophiert über Mitleid, die Unfähigkeit, zu trauern und die Haltung zur Schuldfähigkeit sich selbst gegenüber, übertragen auf die Kinder. Ihre bildhaften Beschreibungen („Um den Fernsehturm stand weißer Rauch, oder war es eine heruntergerutschte Wolke?“) machen das Buch auch sprachlich zu einem Genuss. Das Fazit von Fietzek: „Das Buch gibt nicht Lösungen, sondern eröffnet Fragen.“
Foto: Wie sich das Kriegstrauma über Generationen auswirkt, damit beschäftigt sich die Autorin Bernadette Conrad in ihrem Buch „Was dich spaltet“, das sie in einer Mischung aus Lesung und Gespräch mit der Schriftstellerin Petra Fietzek auf Einladung des Soroptimist Club Coesfeld in der Kolping Bildungsstätte vorstellt. Foto: Ursula Hoffmann